Von Weißenfels nach Kulkwitz
In der Nacht und am Morgen hat es noch viel geregnet und so ließen wir uns beim Frühstück etwas Zeit. Die Wettervorhersage für den Morgen war aber insgesamt ermutigend. Zu dieser Zeit waren wir die einzigen Gäste im Frühstücksraum und wir wurden sehr nett verwöhnt.
Nach dem Frühstück tröpfelte es auch nur noch und wir starteten durch Weißenfels. Weißenfels ist schon ein größerer Ort mit über 30.000 Einwohnern. Es waren aber wohl mal deutlich mehr und man kann sehen, dass der Strukturwandel für die Stadt nicht einfach ist.
Unser Weg führte noch durch die Stadt und zum Schloß hinauf. Eigentlich sollte unser Weg dann weiter in Richtung Bismarckturm gehen. Wir haben uns aber irgendwie verplappert und waren dann ganz schnell wieder auf der Leipziger Straße, die entlang der Saale verläuft.
Der Streckenverlauf ist nicht besonders attraktiv, verläuft er doch meist flach entlang von Straßen. Zum Glück allerdings meist über eigene Seitenstreifen für Fahrräder und Fußgänger. So ging es an einem Truppenübungsplatz entlang durch Lösau. Unter der Autobahn ging es dann weiter nach Pörsten und Rippach. An dieser Stelle hatten wir schon 10 km hinter uns gebracht. Ein richtiges Mittagessen wollten wir uns diesmal sparen, aber in einem kleinen Krämerladen kauften wir uns ein Eis. Dann ging es weiter entlang der L188 nach Röcken. Röcken ist weit und breit, scheinbar der einzige Ort in dem nicht Göthe, Luther oder Schiller waren – und das hat einen Grund: die 600 Seelengemeinde Röcken ist Geburtsort und Grabstätte von Friedrich Nietzsche. Fabio fragte mich natürlich was der so gemacht hat, warum er berühmt ist und was so ein Philosoph eigentlich macht.
Das war leider eine ganz schlechte Frage, denn so sehr viel wußte ich über Nietzsche auch nicht.
Goethe hatte offensichtlich viel Spaß am Wandern und auch von Nietzsche gibt es ein Wanderzitat:
"Wie komme ich am besten den Berg hinan? Steig nur hinauf und denk nicht dran!"
Nietzsche hat aber auch gut sagen, denn rund um Röcken gibt es ja weit und breit keine Berge ....
"Viel wandern macht bewandert." (Otto Kimmig)
und so schauten wir uns zumindest auch das Grab von Nietzsche an. Dort wurden wir auch prompt angesprochen, ob wir das Nietzsche-Museum besuchen wollten. Ich dachte natürlich, daß Fabio kein Interesse daran hat, aber er wollte doch hin und so verbrachten wir noch einige Zeit in dem kleinen aber feinen Museum.
Vielleicht verdankt Röcken aber tatsächlich seine Existenz seinem berühmtesten Sohn. Unter der Erde von Röcken lagert Braunkohle und lange gab es Pläne, auch diesen Ort der Braunkohleförderung zu opfern. Einige Relikte gibt es dort auch noch zu sehen.
Die Abbaupläne wurden aber gestoppt (auch wegen Nietzsche). Es ist irgendwie aber schon ein komisches Gefühl, daß alte Orte und Landschaften einfach verschwinden, damit bei uns der Fernseher und Computer läuft.
... und da kommt dann doch noch ein Nietzsche-Zitat zum Wandern:
Ich würde nur einem Gedanken trauen, der mindestens zehn Kilometer gewandert ist.
Nach diesem Abstecher ging es weiter. Inzwischen regnete es leicht und die Wolken sahen teilweise recht bedrohlich aus. Wir streiften den Ortsrand von Lützen und da die Landschaft hier ganz flach ist, sind die Straßen auch ganz gerade. Erstaunlich war, daß wir nun alle Ortschaften nur noch streiften und eigentlich durch keinen weiteren Ort gingen. So bleiben keine Bilder von Lützen, Meuchen, Räpitz hängen. Das war zum Wandern sicherlich etwas eintönig und auf Dauer ist der asphaltierte Straßenbelag für einen Wanderer unangenehm. Mit dem Fahrrad ist die Gegend natürlich prima zu durchfahren. Erst in Seebenisch ging es durch den kleinen Ort. Fabio war jetzt auch schon ungeduldig und wollte das Tagesziel erreichen. Gleichzeitig wurde der Regen stärker und wir versuchten die letzten Kilometer etwas schneller zu gehen. Kurz vor dem Ziel kamen wir aber noch an einer mobilen Bibliothek vorbei. Für Fabio als Leseratte war das natürlich unwiderstehlich und das war in dem Moment noch wichtiger als ein warmes Abendessen.
Kurz darauf erreichten wir unsere Unterkunft, das Gasthaus „Grüne Eiche“. Hier bezogen wir zuerst unser Zimmer und zogen uns um. Kleider und Schuhe waren inzwischen total naß. Fabio nutze die Zeit, um ganz kurz den Fernseher einzuschalten. Was für ein Zufall, es gab eine Dokumentation über die Schlacht von Lützen. „Da waren wir doch eben!“ rief Fabio ganz aufgeregt. Ich muss zugeben, dass ich nicht mehr so viele Details vom 30-jährigen Krieg weiß. Dass 1632 der schwedische König Gustav Adolf in Lützen gefallen ist, werde ich aber wohl nicht mehr vergessen und auch Fabio wird sich an die Orte erinnern, wenn das Thema in der Schule drankommen wird.
Am Ende siegt aber Durst über Wissensdurst und so gingen wir zum Essen in die sehr gut besuchte Gaststätte. Da waren wir sehr froh, dass wir noch einen Platz an einem Tisch gefunden haben, wo ein sehr nettes Ehepaar saß. Wir hatten uns noch nett unterhalten und sehr gut gegessen. Fabio hatte sich Rippchen bestellt und das war eine riesige Portion. Es gab hier dann auch schließlich einen Wein von Saale-Unstrut und die Welt war in Ordnung.