Erfurt - Weimar
Nachdem wir im Sommer 2016 bis Erfurt gekommen waren, ging es nun in den Osterferien weiter. Wir hatten bereits zwei Touren in den Osterferien und bei beiden Touren begleitete uns Dauerregen. Diesmal war alles ganz anders und wir hatten großes Glück mit dem Wetter. Am 8. April ging es mit der Bahn am Morgen los. Start war der Bahnhof Gennweiler. Der Umstieg in Homburg hatte prima geklappt und auch in Mannheim konnten wir den anschließenden ICE gut erreichen. Von Göttingen ging es dann wieder etwas langsamer nach Erfurt. Die Fahrt war für Fabio natürlich sehr lang. Von Erfurt aus gingen wir zunächst in unsere Jugendherberge und von dort aus wieder in die Stadt. Bei "Faustfood" gönnten wir uns ein leckeres Abendessen und somit war der vertraglich zugesicherte Burger schon abgehakt. Beim Dom gab es noch einen Frühjahrsmarkt mit einer kleinen Gruselshow die wir besuchten. Fabio war schon sehr beeindruckt und konnte mich noch zu einer Fahrt mit der Berg-und-Talbahn überreden. Langsam gingen wir dann zurück in die Jugendherberge, um rechtzeitig ins Bett zu kommen. Am nächsten Morgen waren wir die ersten Besucher im Frühstücksraum und so konnten wir auch recht früh mit der Tour starten. Wir gingen durch das wunderschöne Erfurt in Richtung Anger. Das Wetter war prima. Unterwegs haben wir die wahrscheinlich längste Schlange vor einer Bäckerei gesehen. Offensichtlich muss die Bäckerei Thieme sehr gut sein, denn die Warteschlange ging noch über die ganze Straße. Nun ging es langsam raus aus dem Zentrum von Erfurt, vorbei an Wohnblöcken und schon nach kurzer Zeit geht es nur noch entlang von Feldern. In Kerspleben machten wir die erste kleine Pause, denn Fabio hatte sich schon eine Blase gelaufen. Hier im Ort gibt es auch eine Telefonzelle, die als Bücherei dient. Das Prinzip ist sehr einfach: Man stellt ein Buch hin und darf ein anderes Buch mitnehmen. So erneuert sich der Bestand immer wieder. Unsere Rucksäcke waren diesmal aber ohnehin schon so schwer, wie noch nie und da hätte ein Buch noch gerade so gefehlt. Weiter ging unser Weg über Wiesen und Felder, bis wir zu einer Stelle kamen, wo sich eine Straße und Bahnlinie kreuzten. Den eingezeichneten Fußweg gab es nicht und so überquerten wir die Straße und gingen über ein Feld. Immer weiter ging es über das kleine Dörfchen Wallichen. Wir hatten sehr schöne Gespräche, über die Schulfreunde, aber auch über Geschichte, StarWars und spielten "Wer bin ich". Kurz vor Niederzimmern war bei Fabio aber die Luft draußen.
Zu dem Zeitpunkt waren wir auch schon rund 15 km gegangen und Fabio hatte Hunger. Als ich eine Anwohnerin fragte, ob es im Ort eine Gaststätte gibt, die geöffnet hat, war die Antwort leider negativ und Fabio war sehr enttäuscht. Also gingen wir weiter. Als wir plötzlich ein Schild von einer Gaststätte mit Mittagstisch sahen, schöpfte Fabio neue Hoffnung, aber diese Gaststätte war wohl schon lange nicht mehr in Betrieb. Es gab aber später noch ein weiteres Hinweisschild zur Vereinsgaststätte und hier versuchten wir auch unser Glück. So sparten wir uns den Aufstieg zum geplanten Wartenberg und gingen statt dessen in die Gaststätte, die uns tatsächlich noch ein kleines Essen anbieten konnten. Gestärkt ging es weiter in Richtung Ettersberg.
73. Jahrestag der Befreiung - der Aufstieg zur KZ-Gedenkstätte Buchenwald
Die Landschaft ist hier noch abwechslungsreicher und der Weg macht schon Spaß. Der eigentliche Aufstieg zum Ettersberg war für Fabio aber doch sehr mühsam, weil ihn die Blase am Fuß schmerzte und der Pfad durch den Wald nur schwer zu erkennen war. An vielen Stellen ging es kreuz und quer durch die Büsche. Schließlich waren wir dann doch irgendwann an der KZ-Gedenkstätte Buchenwald. Das war ein ganz plötzlicher Wechsel. Fabio war sehr beeindruckt, aber auch nachdenklich. Der Ausblick von dem Platteau verleiht dem monumentalen Ort einen ganz besonderen Charakter. Ich hatte es versäumt, mich vorab nach dem Programm an der Gedenkstätte zu informieren, sonst hätten wir versucht, noch früher dort zu sein, denn es gab an dem Tag eine Gedenkveranstaltung des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora. Ehemalige Häftlinge des KZ gaben eine Vermächtniserklärung ab und wir konnten zwei der ehemaligen Häftlinge sehen, die in Häftlingskleidung am Glockenturm waren. In der Zeit vom 3.-11. April fanden Gedenkveranstaltungen zum 72. Jahrestag der Befreiung der KZ Buchenwald und Mittelbau-Dora statt. Es ist schon fast ein Wunder, dass es noch echte Zeitzeugen gibt, die dort als sehr junge Menschen inhaftiert waren. Natürlich gab es auch Polizei rund um das Gelände und leider hatte ich den Eindruck, dass auch einige Nazis (Glatzen, Sonnenbrille, Tattoos) anwesend waren. Wir waren noch recht lange auf dem Gelände der Gedenkstätte und Fabio äußerte den Wunsch, von dort nun auch das KZ Buchenwald zu besuchen. Ich zögerte, denn es ist ein Ort, der mit unfassbaren Verbrechen verbunden ist und ich wusste nicht, ob ich Fabio das zumuten kann und will. Mir ist aber auch bewusst, dass Rassismus für ihn aber ein Lebensthema sein wird und schon oft wurde er rassistisch beleidigt. Daher beschloss ich, dass wir den Weg zum KZ gehen und den Tag dort verbringen. Die Eindrücke waren sehr tief und intensiv. Es war die richtige Entscheidung und es war gut, dass wir an den kommenden Tagen, das gut verarbeiten konnten. Wir waren sehr lange auf dem Gelände des KZ geblieben und nahmen dann denn Bus nach Weimar. So kamen wir auch noch rechtzeitig in Weimar an. Dort pflegten wir uns die Füße und gingen noch etwas in die Stadt. Fabio war von jedem zusätzlichen Meter nicht gerade begeistert, aber eine Pizzeria war dann doch noch ein gutes Tagesziel. Sehr schön, dass wir jetzt noch draußen Essen konnten, ehe es zurück in die Jugendherberge ging.
Mit der Weimarer Klassik beschäftigten wir uns an dem Tag nicht mehr. Wie nah Weimar als Stadt der Klassik und Buchenwald als Ort unvorstellbarer Gräultaten doch sind ...
Für den nächsten Tag planten wir einen kleinen Stadtrundgang durch Weimar und dann natürlich die Wanderung bis nach Apolda